Kritiker werfen Ihnen vor, dass sie damit die Kunstfreiheit einschränken wollen, was sagen Sie dazu?

 

Ganz ehrlich, mit Kunst haben diese Stadtführungen nichts zu tun. Stadtführungen sind für mich eher eine Dienstleistung zur Wissensvermittlung. Ich als Jurist suche immer nach Definitionen, um etwas genau benennen zu können. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, dem so genannten „Mephisto-Urteil“ ist Kunst ein schöpferische Akt, ganz verkürzt gesagt, der ein einzigartiges künstlerisches Ergebnis hat. Diese Stadtführungen bieten über die reine Wissensvermittlung hinaus keine schöpferische Auseinandersetzung und stellen für mich deswegen kein Kunstwerk dar.

 

Im Kulturausschuss beantragen Sie, dass die Stadt Ludwigshafen die Förderung dieser Stadtführungen einstellt.

 

Moment, im Kulturausschuss hat unsere Fraktion Grünes Forum und Piraten beantragt, offen zu legen, welche Gelder die Stadt Ludwigshafen für diese Negativwerbung ausgibt. Immerhin werden diese Touren über das städtische Kulturbüro organisiert und beworben. Man kann sogar, und das finde ich unglaublich, für 200 € Einzeltouren buchen. Ich frage Sie ganz ernsthaft, welche Stadt macht so etwas? Warum redet sich Ludwigshafen mit diesen Titel und das jetzt über Jahre selbst so schlecht? 

 

Ludwigshafen hat viel zu bieten, ist ein großer, moderner Industriestandort mit sicheren Arbeitsplätzen, außerordentlichen Verdienstmöglichkeiten, einer Kulturszene mit dem Pfalzbau als Leuchtturm, dem Hack-Museum, kleinen Galerien und einer freien Theater- und Kulturszene, die sich sehen lassen kann. Das hat auch Heidelberg so nicht zu bieten.  

 

Ludwigshafen hat attraktive Wohnviertel direkt am Rhein mit avantgardistischer Architektur, hat außerordentlich viele Grünflächen und ist das Tor zur Pfalz, einer der reizvollsten Gegenden Deutschlands. Das alles fällt bei diesen Touren unter den Tisch. Ludwigshafen muss sein Licht nicht unter den Scheffel stellen. 

 

Sollte die Stadt Ludwigshafen nicht selbst entscheiden, wofür sie ihr Geld ausgibt?

 

Als Stadtrat habe ich nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht darauf zu achten, dass Ludwigshafen seine knappen Gelder sinnvoll ausgibt. Ich will es ganz deutlich sagen: wir haben bei einem Haushalt von circa 700 Millionen € lediglich 32 Millionen € zur Förderung der Kultur in dieser Stadt zur Verfügung. Das ist wirklich nicht viel. Ich bin daher der Meinung, dass die Stadt für diese negative Werbung, die diese Touren darstellen, nicht auch noch Geld ausgeben darf. Oder nennen Sie mir eine Stadt, die das macht. Ich kenne keine.

 

Aber anfangs waren diese Touren doch als ironische Antwort auf den Titel Deutschland hässlichste Stadt gedacht.

 

Das war anfangs vielleicht witzig oder ironisch gemeint. Aber wer versteht denn heute noch diese Ironie? In der Öffentlichkeit wird es nicht als Ironie aufgefasst, sondern als Katastrophentourismus.

 

Haben Sie die vielfältigen Reaktionen überrascht?

 

Ja. Offenbar habe ich einen Nerv getroffen in dieser Stadt, da sich viele andere an dieser Diskussion beteiligt haben, nicht nur die Lokalpresse, sondern alle Stadtratsfraktionen haben sich zu Wort gemeldet. Mittlerweile hat auch die Landesschau aus Mainz das Thema aufgegriffen und Sie vom ZDF berichten ja auch.
 

Und so daneben kann ich mit meiner Meinung nicht liegen, denn es haben sich alle Stadtratsfraktionen, außer die Altgrünen meiner Forderung angeschlossen. Bekanntlich hat Herr Buchholz bei der letzten Kommunalwahl auf der Liste der Grünen kandidiert und es bestehen auch private Kontakte. Ich als Jurist würde so etwas Befangenheit nennen.

 

Und das kann ich Ihnen auch sagen, hinter vorgehaltener Hand habe ich in der Stadtverwaltung einige Stimmen vernommen, die froh sind, dass jemand dieses Thema endlich problematisiert. Weder der Bereich Stadtentwicklung, noch die LUKOM, unsere städtische Veranstaltungsagentur, sind mit diesen Touren glücklich. Ich möchte, dass diese Touren aufhören oder zumindest die städtische Unterstützung beendet wird.

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